Arten von Selbstbehalten und deren (schlechte) Dokumentation

Wenn wir von Selbstbehalten in der Krankenversicherung sprechen, von was reden wir da eigentlich? Grundsätzlich deckt keine einzige Kasse sämtliche Gesundheitsleistungen ab, wodurch die Versicherten für einen Teil ihrer Leistungen selbst aufkommen müssen. Dieser „Teil“ ist mittlerweile ziemlich hoch, denn laut Statistik Austria standen im ambulanten Bereich 6,9 Mrd. Euro öffentlichen Ausgaben 2,8 Mrd. Euro private Ausgaben gegenüber (2016). Damit liegt der Anteil der privaten ambulanten Gesundheitsausgaben bei 29% der gesamten ambulanten Gesundheitsausgaben. Wie hoch die Eigenbeiträge der Versicherten je Kasse sind, kann man nicht genau sagen, da die Kassen die Selbstbehalte nur teilweise dokumentieren. Die Kassen wollen die genaue Höhe der Versicherten-Eigenbeiträge wahrscheinlich auch gar nicht wissen…

Bei den Selbstbehalten kann man bei den österreichischen Kassen in folgende drei Arten einteilen:

Abb 1: Arten von Selbstbehalte und Dokumention

a) Klassischer Selbstbehalt

Bei den klassischen Selbstbehalten (Rezeptgebühr, Behandlungsbeiträge) übernimmt die Kasse die  Kosten der Leistung, der Versicherte ist aber zu einem Eigenbeitrag verpflichtet – z.B.: 6 Euro Rezeptgebühr bei Medikamenten oder 10% Behandlungsbeitrag beim niedergelassenen Arzt. Diese Art der Selbstbehalte ist von den Kassen sehr gut dokumentiert. Der Leistungspreis wird auf einem Leistungsausgabenkonto verbucht und die Selbstbehalte auf einem Ertragskonto.

b) Zuschuss-Leistungen

Bei der zweiten Art der Selbstbehalte zahlt die Kasse lediglich Zuschüsse (z.B.: Zeckenschutzimpfstoff). Was die Leistung den Versicherten dann schlussendlich kostet, ist für die Kasse nicht relevant und wird auch nicht dokumentiert. Ab hier ist nicht mehr genau eruierbar, viel die Versicherten einer bestimmten Kasse an Eigenbeiträgen zahlen. Die Kasse verbucht lediglich den Zuschuss auf einem Leistungsausgabenkonto.

Beispiel: Zeckenschutzimpfstoff. Eine GKK schießt hier 4 Euro zu. Der Versicherte bezahlt aber 30-50 Euro für den Impfstoff. Das heißt, uns gehen in der Dokumentation 26-46 Euro an Selbstbehalten verloren.

c) Wahlarzt-Leistungen

Diese Art der Selbstbehalte ist den Zuschuss-Leistungen sehr ähnlich. Der Versicherte nimmt eine Leistung in Anspruch, zahlt die Rechnung zunächst selbst und stellt einen Antrag auf Kostenrückerstattung. Danach sieht die Kasse in ihrem Leistungskatalog nach, was sie für diese Leistunge einem Vertragsarzt zahlen würde und refundiert dem Versicherten 80% davon. 20% behält die Kasse an Verwaltungsaufwand ein. In der Praxis liegen die Wahlarztausgaben natürlich deutlich über der Bewertung des Leistungskatalogs, wodurch der Versicherte nur einen minimalen Teil seiner Ausgaben von der Kasse ersetzt bekommt. Dokumentiert wird von der Kasse lediglich die Kostenrückerstattung.

Beispiel: Der Versicherte geht zu einem Wahl-Orthopäden und zahlt ihm für die Behandlung 50 Euro. Die Kasse würde einem Vertrags-Orthopäden laut Leistungskatalog 10 Euro zahlen und refundiert somit dem Versicherten 8 Euro.

Zusammenfassend:

Die Dokumentation über die Versicherten-Selbstbehalte ist nur bei den klassischen Selbstbehalten vollständig (Rezeptgebühr, Behandlungsbeiträge). Bei Zuschuss-Leistungen und Wahlarztleistungen werden die Selbstbehalte jedoch nicht von den Kassen dokumentiert, weshalb man nicht genau sagen kann, was je Kasse an tatsächlichen Versicherten-Eigenbeiträgen anfällt. Grundsätzlich könnten die Kassen beim Rückerstattungsantrag die Rechnungsbeträge der Zuschuss-/Wahlarzt-Leistungen mitdokumentieren, da für die Rückerstattung von den Versicherten ja eine Rechnung vorgelegt werden muss. Die Frage ist, wollen die Kassen das?

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