Es gibt keine Gesundheitsausgabengrenzen
…zumindest keine, die wehtun. Die Ärztekammer macht trotzdem mobil gegen die vermeintlichen „Gesundheitsausgabengrenzen“ der 15a-Verinbarung zur „Zielsteuerung-Gesundheit“. Tja, man weiß nicht, soll man „lachen oder rean“.
Warum „rean“? Es gibt praktisch keine Ausgabengrenzen. In Wirklichkeit machen die “Reformpartner” (Bund/Länder/Kassen) weiter wie bisher, sie tun nämlich gar nichts, um die stark steigenden Gesundheitsausgaben zu dämpfen. Und das, obwohl in der 2013er-15a-Vereinbarung noch vielversprechend gestanden ist, dass ab der Zielsteuerungsperiode 2017-2021 das Gesundheitsausgabenwachstum ans nominale BIP gekoppelt werden soll. Das zulässige jährliche Ausgabenwachstum für 2017-2021 liegt aber aber laut neuer 15a-Vereinbarung mit 3,9% deutlich über der vom BMF angenommenen wirtschaftlichen Entwicklung von 3,3% pro Jahr. Und das BMF nimmt das mittelfristige BIP-Wachstum ohnehin immer sehr optimistisch an. Der Hoffnungsträger Schelling ist somit umgefallen und Gesundheitsreform 2013 damit endgültig tot. Vor den Ausgabengrenzen muss sich die Ärztekammer also genau so viel fürchten, wie vorm Monster Loch Ness.
Warum „lachen“? Die hohen 3,9% als jährliche Ausgabensteigerungsgrenze stehen nämlich so nicht in der 15a-Vereinbarung. Dort liest man von durchschnittlich 3,4% (2017: 3,6%; 2021: 3,2%). Um auf die vermeintlich harte Ausgabenbeschränkung von 3,4% zu kommen, haben Bund/Länder/Kassen nämlich auf einen rechnerischen Trick zurückgegriffen. Sie haben als Absprungbasis die überhöhte 2016er-Ausgabengrenze aus der alten 15a-Vereinbarung herangezogen. Die stützte sich auf einem durchschnittlichen BIP-Wachstum von 3,6% zwischen 2012 und 2016, obwohl die Rate nun im besten Fall bei jährlich 2,7% liegen wird. Greift man jedoch seriöserweise für die Absprungbasis auf die tatsächlichen 2016er-Ausgaben (Voranschlag) zurück, ergibt sich allein schon für 2017 eine Ausgabensteigerungsgrenze von 6,1%, anstatt 3,6%. Die tat. Gesundheitsausgaben für 2016 sind in etwa 500 Mio. geringer als die überhöhte 2016er-Ausgabengrenze. Also ich wage mal zu behaupten, Kassen und Länder werden durch diese sogenannten “Ausgabengrenzen” stehend, wenn nicht sogar hüpfend und das Stelzen, hindurch marschieren. Dass die Ärztekammer nun aber den untätigen „Reformpartnern“ (Bund/Länder/Kassen) ihren eigenen genialen Trick nicht gönnt und mit dem Kaputtspar-Theater Druck auf die “Reformpartner” ausübt, hat echt Unterhaltungswert . Danke Ärztekammer!
Kurz noch zur BIP-Begrenzung der Gesundheitsausgaben. Die war eigentlich nur bis 2013 erfolgreich, also im dem Jahr wo die Begrenzung beschlossen wurde. 2016 wird es voraussichtlich ein Ausgabenwachstum von 4,6% geben, obwohl ursprünglich 3,6% angepeilt waren (siehe Abb. 1).
Alles in allem fehlt die inhaltliche Kritik an den “Ausgabengrenzen”. Man könnte zum Beispiel kritisieren, dass ein verstärktes “ambulant statt stationär”, das in Artikel 6 und 13 der 15a-Vereinabarung Zielsteuerung-Gesundheit gefordert wird, mit den aktuellen Ausgabengrenzen nicht möglich ist. Für die Kassen (ambulant) und Länder (stationär) sind nämlich die zulässigen Ausgabensteigerungen gleich hoch angesetzt. In der alten Zielsteuerungsperiode (2012-2016) wurden dem ambulanten Bereich hingegen noch höhere Ausgabensteigerungen zugestanden als den Spitälern.