Die Salzburger GKK leistet wichtige Pionierarbeit
Wann wurde die Arche gebaut? Vor der Sintflut! Das denkt sich offensichtlich die Salzburger GKK (SGKK). Sie setzt sich seit 2013 für Mitsprache bei den Salzburger Landeskliniken (SALK) ein (LINK), forderte im Frühjahr erneut einen Posten im SALK-Aufsichtsrat (LINK) und warf der den Salzburger Spitälern vor kurzem stationäre Überversorgung der Salzburger Bevölkerung vor (LINK). Die SGKK meint es offensichtlich ziemlich ernst damit, im stationären Bereich Verantwortung zu übernehmen. Da das im österreichischen Gesundheitswesen so nicht vorgesehenen ist, leistet die SGKK enorme Pionierarbeit. Denn eigentlich sind im dual organisierten ö. System die Kassen für den ambulanten Bereich zuständig und die Länder für Spitäler. Und beide lassen sich mehr oder weniger gegenseitig in Ruhe bzw. ungern vom anderen dreinreden.
Aus finanzieller Sicht hätte die SGKK den Streit nicht nötig
An und für sich könnte die SGKK noch länger so weitermachen wie bisher. Denn sie schreibt kontinuierlich “Schwarze Zahlen” (LINK), liegt bei der ambulanten Ausgabenintensität besser als der Schnitt (Benchmark-Analyse Abb. 4) und ist mit 342 Euro Reinvermögen je Versicherten die finanzstärkste Kasse im GKK-System (Abb. 1). Im Vergleich dazu konnte die weniger sparsame Wiener GKK zuletzt nur auf 5 Euro je Versicherten zurückgreifen (Abb. 1), trotz massiver Subventionierung von Bund und den anderen GKKn (inklusive SGKK). Umso beachtlicher ist es, dass sich die SGKK für mehr Verantwortung im stationären Bereich stark macht.
Ist der Überversorgung-Vorwurf berechtigt? Problemkind VR Salzburg-Süd
Was den Überversorgungs-Vorwurf der SGKK betrifft, lagen die Versicherten der SGKK überdurchschnittlich häufig im Spital. Der Altersstruktur entsprechend hätten die SGKK-Versicherten ca. 12% weniger oft im Spital aufgenommen werden dürfen (Benchmark: sämtliche ö. Kassen) – siehe Abb. 3; Benchmark-Analyse Abb. 5. Die Zahl deckt sich mit den Angaben der SGKK, wonach ca. 10-15% der Operationen (=10.000-15.000 Operationen) in den Salzburger Spitälern vermieden hätten werden können. Speziell in der „Versorgungsregion Salzburg Süd“ (Pinzgau, Pongau, Lungau) nimmt die Bevölkerung das stationäre Angebot außergewöhnlich oft in Anspruch – siehe Abb. 2. „Salzburg Süd“ zählt zu den am stärksten versorgten Regionen in Österreich. Betrachtet man die ÖSG-Bedarfszahlen, die von sämtlichen Bundesländern unterschrieben und mitgetragen werden, waren die Salzburger aus der VR Salzburg Süd bei jeder fünften ÖSG-Leistungsgruppe (22 von 98) stark überversorgt – siehe Abb. 6. Zu den häufigsten Leistungen zählen z.B. Arthroskopien und Herzkatheter-Untersuchungen – siehe Abb. 7! Die „Versorgungsregion Salzburg Nord“ (Flachgau, Salzburg Stadt, Tennengaug) ist, was Überversorgung, im Versorgungsregions-Vergleich nicht auffällig. „Nur“ bei jeder zehnten ÖSG-Leistungsgruppe (11 von 98 Leistungsgruppen) lag zuletzt Überversorgung vor.
(Info: Der ÖSG definiert in der Versorgungsmatrix ca. 100 Leistungsgruppen und ca. weitere 100 Diagnose-Gruppen. Für diese werden regionale Bedarfswerte ermittelt – LINK)
Die Politik fördert „Angebotsinduzierte Nachfrage“
Stationäre Überversorgung ist in der Regel eine Folge von Überversorgung im stationären Bereich – „Angebotsinduzierte Nachfrage“ („a built bed is a fuilt bed“). Je schlechter die regionale Versorgungsplanung, desto du stärker die Versorgungsunterschiede und Inanspruchnahme in den Regionen. An Überversorgung sind also in erste Linie nicht notwendigerweie die Ärzte Schuld, sondern die für die stationäre Versorgungsplanung verantwortlichen Personen. In Salzburg, wie in allen anderen Bundesländern, die Politik. Der Arzt, der in den schlechtausgelasteten Spitälern über den Bedarf hinaus zu operieren beginnt, ist im Grunde genommen nur ein Symptom.
SGKK Angst vor Zunahme der stationären Überversorgung?
Da das Land Salzburg vor kurzem begonnen hat Salzburger Regional-Spitäler aufzukaufen, ist eine Zunahme der Überversorgung zu befürchten. Denn die zuletzt erworbenen Spitäler Tamsweg und Hallein kämpfen mit massiven Auslastungsproblemen (lt. Salzburg-Wiki: Hallein: 64%; Tamsweg: 66%). Und da Landespolitiker in der Regel ihre Aufgaben nur sehr schleppend angehen, speziell was überkapazitäre Spitäler betrifft, scheint nun auch die SGKK eine Zunahme von Überversorgung zu befürchten. Denn das Beispiel Niederösterreich hat gezeigt, dass Landespolitiker in der Regel die Fehlversorgungsproblematik eher verstärken als lösen. So liegen in NÖ 8 Jahre nach der Übernahme sämtlicher NÖ Spitäler durch das Land NÖ die jungen Mostviertler 25% häufiger im Spital als die älteren Industrieviertler…
Expertenrunden sollen den Überversorgungsvorwurf klären
Aktuell er Stand des Diskurses ist, dass sich Experten von Kassen zusammensetzen sollen und etwaige Überversorgungserscheinungen beraten. Grundsätzlich ist der Begriff “Expertenrunde” in Österreich ein Synonym für „Schubladierung“ eines Themas. Allerdings ist nichts dagegen einzuwenden, dass das Thema medial wieder etwas abflaut. Wichtig ist nur, dass die Ärzte die Versorgungszahlen zu Überversorgung ( und Unterversorgung) endlich mal zu Gesicht bekommen, und dass kann nur in solchen Expertenrunden geschehen. Die Zahlen liegen ja an und für sich schon längst vor. Die Landes-Fonds bekommen laufend die Versorgungszahlen vom Bundes-Gesundheitsplanungs-Institut (ÖBIG) zu Verfügung gestellt. Nur kommen die Zahlen in der Regel nie bei den Ärzten an… Es ist aber davon auszugehen, dass die SGKK dafür sorgen wird, dass Expertenrunden nicht zu Schubladierungsrunden des Themas verkommen.
Abschließend sei gesagt, dass das Vorhaben der SGKK, im stationären Bereich mehr Verantwortung zu übernehmen, beachtlich ist. Sie leistet gewaltige Pionierarbeit, und das obwohl eine finanzielle Not der SGKK nicht annähernd gegeben ist. Ziemlich untypisch für Österreich, wo in der Regel so lange herumgewurschtelt wird bis nichts mehr geht. Die SGKK wird bei ihrem Vorhaben höchstwahrscheinlich noch einiges an Gegenwind bekommen. Selbst von den Landes-GRÜNEN und den Salzburg-Stadt-NEOS gibt es keine Unterstützung. Aber ich glaube, es zahlt sich aus, weiterhin auf die Landespolitik Druck auszuüben. Es wäre sicherlich durchaus sinnvoll, würde längerfristig die gesamte Finanz-Verantwortung (ambulanter + stationärer Bereich) zu den Kassen wanderen - wie international in Krankenkassen-Ländern üblich.
GRAFISCHER ANHANG
Vermögenssituation der ö. Krankenkassen:
KH-Aufenthaltshäufigkeit in den österreichischen Versorgungsregionen:
Wie sind die Versicherten der GKKn im ambulanten und stationären Bereich versorgt – überdurchschnittlich, normal oder unterdurchschnittlich
Gibt eine Krankenkasse der Altersstruktur ihrer Versicherten entsprechend “überdurchschnittlich viel”, “normal viel” oder “unterdurchschnittlich viel” aus:
Sind die Versicherten einer Kassen ihrem Alter entsprechend stationär über-, normal- oder unterversorgt:
Bie wie vielen ÖSG-Leistungsgruppen sind die ö. Versorgungsregionen stark über-, normal- und stark unterversorgt:
Bei welchen ÖSG-Leistungsgruppen tritt in den Salzburger Versorgungsregionen starke Überversorgung auf (Tat. Aufenthalte 15% über Bedarf):