Krankenhaus-Wertschöpfungsstudien: Der Nutzen ist entscheidend, nicht die Wertschöpfung
Am 7. Mai berichtete der „Kurier“ (LINK) über einen interessanten wirtschaftswissenschaftlichen Argumentations-Schlagabtausch zwischen einem „linken“ Ökonomen (Markus Marterbauer, Arbeiterkammer) und einem „liberalen“ Ökonomen (Gottfried Haber, Donauuni Krems) im Rahmen eines Parlamentshearings. Es ging um Rezepte für die Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Wirtschaft. Der liberale Ökonom warf dem linken Ökonom unter anderem veraltete ökonomische Ansätze (Keynesianismus) vor. Denn der linke Ökonom sprach sich gegen die Senkung der Abgabenquote während der wirtschaftlichen Schwächephase aus. Stattdessen sollte der Staat die Wirtschaft mit nachfrageseitigen Maßnahmen wieder in Schwung bringen – z.B. öffentliche Investitionen, mehr Sozialleistungen. Der liberale Ökonom plädierte hingegen für einen Konsolidierungskurs. Liberale Ökonomen empfehlen zu Wiederherstellung fehlender Wettbewerbsfähigkeit in der Regel Korrekturen auf der Angebotsseite. Also Produktivitätssteigerungen durch Strukturreformen, Zurückhaltung bei Lohnerhöhungen, Senkung der Lohnnebenkosten oder im extremsten Fall sogar Lohnkürzungen. Grundsätzlich gewinnen die liberalen Konzepte an Bedeutung, da in einer zunehmend globalisierten Welt nachfrageseitige, staatliche Maßnahmen (linke Ansätze) ins Ausland abfließen und verpuffen – speziell in kleinen Ländern. Das hat sogar Marterbauer einmal in einer Vorlesung bestätigt. So profitieren bei Ausrüstungs- und Bauinvestitionen zu einem erheblichen Teil ausländische Unternehmen, da die nötigen Maschinen importiert werden müssen.
Man kann dem linken Ökonom Marterbauer also natürlich nicht ganz aktuelle ökonomische Theorien vorhalten (*). Haber hat diesbezüglich nicht unrecht. Der Erasmus-von-Rotterdam-hafte Marter (etwas kleiner, uneitel, zurückhaltend, lässt sich aber trotzdem ungern von jemanden die Linie vorgeben, auch nicht von der AK) bleibt aber zumindest seiner Überzeugung treu. Dagegen ist der erwähnte „liberale“ und sehr telegene Ökonom etwas “situationselastischer”, sprich: mehr links als er sich im Parlamentshearing gegeben hat…
Denn Keynes hat mal gemeint, wenn wirklich ökonomisch gar nixi mehr wirkt, sollen die Leute zumindest Löcher graben und wieder zuschütten, eventuell kommt so die Wirtschaft wieder in Schwung. Mit Löchern sind übertragen sinnfreie Bautätigkeiten gemeint. Entsprechend könnte man beispielsweise auch in einer Situation, wo die bestehenden Krankenhäuser ohnehin schon schlecht ausgelastet sind, zusätzliche Krankenhäuser bauen. Unter anderem geschehen im Donauuni-Bundesland: Niederösterreich – KH-Auslastung in NÖ: 72%, KH-Auslastung im Bund: 78%. Neue KHs in NÖ = Keynes’sche Löcher. Ein echter liberaler Ökonom würde der NÖ Landesregierung höchstwahrscheinlich Spitalsreduktionen empfehlen, um die frei werdenden Mittel sinnvoller investieren zu können (Bildung, Forschung,…) oder um die Bevölkerung/Unternehmen steuerlich entlasten zu können. Wenn man privaten Investitionen jedoch skeptisch gegenüber steht, also eher keynesianischen Theorien vertraut, könnte man alternativ Spitalswertschöpfungs-Studien schreiben, um beispielsweise das sinnfreie NÖ Spitalausbauprogramm zu rechtfertigen, wie eben der erwähnte vermeintlich liberale Ökonom. Mittlerweile feiern diese fragwürdigen Wertschöpfungsstudien nicht nur in NÖ Hochkonjunktur, sondern auch in Sachsen und OÖ. Mit dem allgemeinen ökonomischen Grundsatz “Nutzen vor Wertschöpfung” haben diese Studien aber leider rein gar nichts mehr zu tun.
(*) Keynesianismus: ist zwar eine ältere Theorie, das heißt aber nicht, dass sie schlecht ist oder nicht mehr angewandt wird. Viele Staaten verhalten sich Keynesianisch, auch die USA. In der Wirtschaftskirse 2009 haben sich die meisten EU an Keynes gehalten, also in Krisenzeiten, wo private Investitionen häufig ausbleiben, der Wirtschaft mit Hilfe von öffentlichen Investitionen Starthilfe zu geben. Estland bildete die Ausnahme, dort setzte man auf erhebliche Lohnkürzungen (liberaler Anbsatz), um die Wirtschaft wieder in Schwung zu bekommen.