Kassenverwaltungskosten (Teil 1): Sind die Krankenkassen wirklich so verwaltungsgünstig wie offiziell ausgewiesen? Es spricht einiges dagegen.

Krankenkassen-Verwaltungskosten

In drei Teilen sollen die Verwaltungskosten der österreichischen Krankenkassen genauer analysiert werden. Entsprechen die offiziell ausgewiesenen Kassen-Verwaltungskosten den tatsächlichen Kassen-Verwaltungskosten? Wie teuer/günstig verwalten die Krankenkassen wirklich? Und wer verwaltet effizienter, die deutschen oder die österreichischen Krankenkassen?

Teil 1: Sind die Krankenkassen wirklich so verwaltungsgünstig wie offiziell ausgewiesen? Es spricht einiges dagegen. (siehe unten)

Teil 2: “Wie teuer/günstig verwalten die österreichischen Krankenkassen wirklich?” (LINK)

Teil 3: Wer verwaltet günstiger, die deutschen Krankenkassen oder die österreichischen? (LINK)

Hintergrund der Analyse:

Das österreichische Gesundheitswesen wird von vielen Experten als zu verwaltungsintensiv erachtet. Vor allem an der hohen Zahl an Krankenkassen, obwohl kein Kassenwettbewerb, stoßen sich einige. Zuletzt wagte es der renommierte Steuerrechtsexperte (Uni Wien), Werner Doralt, die Zahl der Kassen infrage zu stellen, etwas emotional. Die Antwort des ÖGB ließ nicht lange auf sich warten und war ebenso emotional. Ein kurzer Schlagabtausch, der aber schnell wieder verstummte. Was blieb, eine Anti-Kassenfusionierungs- bzw. Anti-Doralt-Presseaussendung des ÖGB (genauer: Manfred Anderle, Bundessekretär der PRO-GE und stv. Obmann der Wiener GKKLINK), in der Werner Doralt „billiger Populismus“ vorgeworfen wird, in der aber gleichzeitig so viele Schlampigkeitsfehler bzw. verzerrte Darstellungen enthalten sind, dass sie es verdient genauer analysiert zu werden.

Teil 1: Sind die Krankenkassen wirklich so verwaltungsgünstig wie offiziell ausgewiesen? Es spricht einiges dagegen.

Der ÖGB spricht in seiner Presseaussendung indirekt von 2% Verwaltungskosten-Quote („Von 100 Euro kommen fast 98 Euro den Versicherten zugute“). Die Zahl ist offensichtlich aus der Hauptverbandstatistik entnommen („Sozialversicherung in Zahlen 2014“, S. 26 – LINK). Und grundsätzlich stimmt die Zahl auch fast punktgenau, allerdings nur wenn man die gesamte Sozialversicherung (Kranken-, Unfall- u. Pensionsversicherung) betrachtet. Bezogen auf die Krankenversicherung – der ÖGB vergleicht schließlich mit dem deutschen Krankenkassen – beträgt die Verwaltungskosten-Quote jedoch 2,8% (ebenfalls S. 26 von „SozVers in Zahlen 2014“). Seis drum, in der Hitze des Gefechts passieren Fehler.

Viel entscheidender ist, stimmt überhaupt die offiziell ausgewiesene Kassen-Verwaltungskosten-Quote von 2,8% (bzw. 441 Mio. Euro Verwaltungskosten – LINK) oder ist auch dieser Wert zu niedrig? Ein kleiner Personalkosten-Check bringt Sicherheit. Laut Verwaltungsaufwands-Auflistung der Wiener GKK (LINK, S. 73) sind ca. 47% eines Kassen-Verwaltungsaufwands Personalaufwand. Sprich: 235 Mio. Euro des Gesamtkassen-Verwaltungsaufwands (441 Mio. Euro) kommen den Mitarbeitern zugute. Legt man nun die 235 Mio. Euro auf die 7.832 Krankenkassen-Verwaltungsmitarbeiter (VZÄ, LINK) um, dann würde ein Vollzeit-Kassenmitarbeiter jährlich 24.200 Euro brutto verdienen (30.000 Euro Personalaufwand je Mitarbeiter, abzüglich Lohnnebenkosten). Etwas sehr wenig. Zum Vergleich (siehe Tab. 1), der Durchschnittsverdienst eines Verwaltungsmitarbeiters (VZÄ) in den Fondspitälern betrug 2013 brutto 38.600 Euro und der eines österreichischen Arbeitnehmers (VZÄ) im Schnitt sogar 43.400 Euro…

Also ganz stimmen können die Angaben zu den Krankenkassen-Verwaltungskosten in der ÖGB-Pressaussendung bzw. in der Hauptverbandsstatistik wohl nicht. Und wenn doch, würden österreichische Kassenmitarbeiter mehr als 40% weniger verdienen als ein österreichischer Durchschnittsverdiener! Werden Krankenkassenmitarbeiter ausgebeutet, muss die Gewerkschaft eingreifen?? Nein, so schlimm ist es zum Glück nicht. ;-) Die (einfachen) Kassenmitarbeiter verdienen vielleicht wenig, aber nicht so wenig wie offiziell ausgewiesen… Genaueres dann in Beitrag 36 (LINK, demnächst).

Tabelle 1: Gehalts-Check

 

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.