Spitalsärzte-Proteste

Die wöchentliche Spitalsärzte-Höchstarbeitszeit beträgt in Österreich aktuell 72h und soll bis 2021 auf 48h reduziert werden. Damit wird schlussendlich einer EU-Richtlinie Folge geleistet, die in vielen europäischen Ländern schon längst Standard ist. Österreich, oder genauer gesagt, die Österreichischen Bundesländer gehören in dieser Angelegenheit also zu den Nachzüglern. Lediglich in NÖ ist die Richtlinie bereits flächendeckend umgesetzt. In den anderen Bundesländern haben die mehrmaligen Mahnungen der EU bisher keine Wirkung gezeigt.

Die Spitalsärzte-Proteste sind begrüßenswert. Proteste, wenn gut begründet, sind immer etwas Feines, in Österreich regt sich ja ohnehin kaum noch wer nachhaltig auf. Die Senkung der wöchentlichen Maximalarbeitszeit auf 48h ist ein völlig legitimes Anliegen und dementsprechend nachvollziehbar. Auch die Forderung nach einer Anhebung der Grundgehalter, vor allem bei Jungärzten, scheint gerechtfertigt zu sein, da die Grundgehälter bei der 72h-Woche aufgrund der Überstundenzuschläge entsprechend niedriger angesetzt waren. Die teilweise aufkommende Debatte, ob Spitalsärzte allgemein zu wenig verdienen, schießt dann aber wohl doch etwas über das Ziel hinaus.

Viel mehr würde ich mir wünschen, dass sich der Spitalsärzte-Protest in einen idealistischeren Protest entwickelt, also in ein stärkeres Hinterfragen der Strukturen des Österreichischen Gesundheitssystems - im Sinne der Patienten. Denn die Bevölkerung, speziell in Österreich, nimmt empirisch betrachtet immer alles so hin wie es ist, oft ohne zu hinterfragen, auch im Gesundheitssystem. Und genau das ist der Grund, weshalb sich die Ärzte ihrer gesellschaftlichen Verantwortung und der Verantwortung gegenüber den Patienten bewusst werden müssen, da ihnen die Patienten vertrauen. Denn die Patienten machen in der Regel das was ihnen der Arzt rät, und nicht das was sich ein Gesundheitspolitiker oder ein Gesundheitsökonom vorstellen, wie es sein sollte. Es sollte bei den Protesten also um weit mehr gehen als die eigenen Interessen, andernfalls haben wir das, was in anderen Bereichen längst der Fall, dass sich nämlich die sogenannten “Eliten” aus der Verantwortung ausnehmen und sich lieber in ihrer “Schrebergärten” zurückziehen. Und Ärzte gehören nun mal zur gesellschaftlichen Elite.

Gerade von den veränderungswilligen Turnus- und Jungärzten erwarte ich mir einiges. Von wem sonst! Denn von der älteren Generation, also genauer gesagt dem Teil der älteren Generation, der sich in Positionen befindet, wo man etwas bewirken könnte (betrifft nicht nur die Ärzte), kommt im Grunde genommen nichts mehr. Dieser Teil der Bevölkerung unterläuft die Zukunft der jungen Generation tagtäglich. Darum ist es so wichtig, dass sich die junge Generation endlich verstärkt einmischt, in diesem Fall die Jungmediziner. Und gscheite Forderungen gibt’s ja so einige. Hier ein LINK zu einer äußerst interessanten PPP, wo sich angehende Mediziner Gedanken über die Primärversorgung machen. Jetzt müsste man diese Vorschläge nur noch breit angelegt einfordern…

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